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Stellungnahme des RAMSA zum Fall "Leila"

14.10.2015

Berlin, 14.10.2014

Der Rat muslimischer Studierender & Akademiker (RAMSA) nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass die Ermittlungen gegen den oder die Angreifer, die im Februar eine muslimische Studentin aus Kaiserslautern überfallen hatten, ohne Ergebnis eingestellt worden sind.

Der Fall der Studentin, die Mitglied der örtlichen Muslimischen Hochschulgruppe und des RAMSA ist, hatte der RAMSA von Anfang an mit großer Anteilnahme verfolgt, betreut und auf all seinen Kanälen wiederholt darüber berichtet.

Der Ausgang des Verfahrens und auch der Verlauf der Ermittlungen, die in der Presserklärung der Anwälte der Studentin geschildert werden, senden ein sehr negatives Signal. Nicht nur für das Opfer selbst, ihre Familie, ihre Freunde und Unterstützer, die auf eine Aufklärung und angemessene Bestrafung der Täter gehofft hatten, sondern auch an Menschen muslimischen Glaubens und oder Migrationshintergrund in unserem Land.

Es hinterlässt einen schalen Beigeschmack, wenn trotz der Indizien, ein antimuslimischer Hintergrund von Anfang an ausgeschlossen wird. Natürlich können die Ermittlungsbehörden verschiedenen Spuren nachgehen, verschiedene Motive und Hergänge in Betracht ziehen. Doch was die Anwälte der angegriffenen Studentin schildern, wirkt weniger wie eine offene Ermittlung und mehr wie eine Ablenkung von dem für Betroffene wie Betrachter naheliegenden islamfeindlichen Hintergrund. Das geht einher mit einer Kriminalisierung und moralischer Schädigung des Opfers, sowohl die Unterstellungen hinsichtlich ihres Lebenswandels wie auch die Verdächtigung, das Verbrechen vorgetäuscht zu haben.

Die langen, fehlgeleiteten Ermittlungen in den terroristischen Morden des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU), in deren Verlauf ebenfalls eine unterstellte kriminelle Verwicklung der Opfer für ihre Ermordung verantwortlich machte, sind ebenso präsent für viele Menschen in unserer Gesellschaft wie die immer mehr zunehmenden Übergriffe auf Moscheen und islamische Einrichtungen. Viele sind nach wie vor nicht aufgeklärt. In anderen Fällen, wie jüngst im Fall von Brandanschlägen auf zum Teil bewohnte Flüchtlingsunterkünfte, kam es zu höchst fragwürdigen Einstufungen von Motiven gefasster Täter.

Ohne in Abwesenheit von Ermittlungsergebnissen eine eigene Deutung als abschließend oder verbindlich zu präsentieren: institutioneller Rassismus und antimuslimische Ressentiments sind gesellschaftliche Realitäten und müssen immer wieder nachdrücklich angesprochen werden. Islamfeindlichkeit ist nicht nur in Büchern, sozialen Medien und politischem Diskurs präsent, sondern manifestiert sich wie alle anderen extremistischen, menschenverachtenden Ideologien auch in Gewalt gegen Menschen und Sachen. Seit langem fordern Akteure der antirassistischen Arbeit, darunter auch der RAMSA, antimuslimische Straftaten gesondert zu erfassen.

Im Fall der Studentin in Kaiserslautern ist nun noch ein Antrag auf Entschädigung von Opfern extremistischer Straftaten durch das Justizministerium offen. Der RAMSA hofft, dass dieser zeitnah positiv entschieden wird und damit der Betroffenen eine symbolische Wiedergutmachung widerfährt. Ferner ruft der RAMSA dazu auf, sich durch die Einstellung des Verfahrens nicht entmutigen zu lassen und weiter jeden Fall von Diskriminierung und Gewalt öffentlich zu machen, die relevanten Stellen zu kontaktieren und rechtliche Schritte einzuleiten.

Es braucht weiterhin gemeinschaftliche Anstrengungen, um antimuslimische Übergriffe und vor allem die dahinterstehenden Ideologien wirksam zu bekämpfen. Opfer müssen sich sicher sein, dass sie in einem solchen Fall nicht allein sind, sondern unterstützt werden, wenn sie ihr Recht einfordern.

(Hintergrund-)Infos:

http://www.ramsa-deutschland.org/…/pressemitteilung-mutmass…

http://www.spiegel.de/…/fall-leyla-in-kaiserslautern-moegli…

http://www.migazin.de/…/nsu-polizei-muslima-bewusstlos-ges…/