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Muslime auf dem Kirchentag

01.05.2013

2500 Veranstaltungen an vier Tagen. Vom 1. bis 5. Mai werden mehr als 110 000 Dauerteilnehmende und bis zu 40 000 Besucher täglich den Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hamburg besuchen. Der Rat muslimischer Studierender & Akademiker (RAMSA) ist das erste Mal mit einem eigenen Stand, einem Redebeitrag und vielfältigen künstlerischen Angeboten vertreten.

(ramsa) Hamburg befindet sich im Ausnahmezustand. Tausende begeisterte Besucher des Glaubensfestes strömen unter dem biblischen Motto „Soviel du brauchst“ in die Hansestadt.  Am Mittwochnachmittag beginnt der für die evangelischen Gläubigen schon lang ersehnte 34. Kirchentag mit einem großen Open-Air-Eröffnungsgottesdienst. Im Anschluss daran will Bundespräsident Joachim Gauck seine Begrüßungsworte aussprechen; Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Freitag zugegen sein.

„Wir wollen Menschen zusammenbringen“

El Hadi Khelladi, Dialogbeauftragter des RAMSA, ist mit seinem Team und Mitgliedern des Ressorts für Öffentlichkeitsarbeit bereits seit Dienstag vor Ort und trifft die letzten Vorbereitungen für seinen Stand am „Markt der Möglichkeiten“. Dort versammeln sich viele Organisationen und Vereine, die international tätig und in den unterschiedlichsten Bereichen des interkulturellen Dialogs engagiert sind. Dieser Markt ist „eine der größten Veranstaltungen zur Kommunikation zivilgesellschaftlicher Gruppen und Initiativen in Deutschland“, so die Kirchentags-Organisatoren.

Am Stand des RAMSA  ist u.a. die Künstlerin Sara Morkramer von der Islamischen Kunstgalerie, die aus dem Erlös ihrer Werke den Bau von bereits 30 Brunnen weltweit mitfinanziert und koordiniert hat. Sie wird die Besucher den gesamten Kirchentag über mit individuell und live angefertigten Kalligraphien und auch ausgestellten Gemälden in eine neue kreative Welt entführen. Besondere Gastfreundschaft wollen die RAMSAner den informationshungrigen Besuchern mit Klängen ausgewählter Instrumentalmusik, Gebäck und Tee entgegenbringen. Dem Stand wird auch Kaan Orhon beiwohnen, Vizepräsident des RAMSA, welcher sich seit Jahren als Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation „Gesellschaft für bedrohte Völker“ für ethnische und religiöse Minderheiten und Nationalitäten einsetzt und sich in diesem Kontext am Kirchentag beteiligen wird.

„Wir sind wirklich sehr neugierig auf die Atmosphäre und die Veranstaltungen auf diesem deutsch-evangelischen Großereignis. Unsere Erfahrungen im muslimisch-christlichen und auch muslimisch-jüdischen Dialog sind von einem positiven Tenor gestimmt. Ich danke unserem engagierten Team für ihr Bemühen,“ sagte die RAMSA-Generalsekretärin Hatice Durmaz vorab im Interview.

Prof. Dr. Gerhard Robbers ist derzeitiger Kirchentagspräsident und nennt den Dialog der Kulturen als einen wesentlichen Schwerpunkt der seit über sechzig Jahren stattfindenden Großveranstaltung:

„Wir wollen Menschen zusammenbringen, die davon etwas verstehen und selbst Verantwortung tragen. Desweiteren fragen wir, wie friedvolles Zusammenleben der Religionen und Kulturen funktionieren kann: Miteinander der Religionen und Kulturen kann nicht heißen, dass alle ihre eigene Identität aufgeben. Im Gegenteil: Wir müssen lernen, das Andere im Anderen zu respektieren, und: unser Eigenes besser zu kennen. Keine Angst haben, uns zu verlieren. Und nicht zuletzt: Wie wird Teilhabe aller Menschen in dieser Gesellschaft möglich.“

Khelladi nimmt parallel auch am Jugendkongress der „World Student Christian Federation Europe“ teil. Er beschreibt die dortige Atmosphäre als „sehr angenehm und vielversprechend“. Das gegenseitige Kennenlernen habe am Vorabend einen besonderen Platz eingenommen und sich auf Religion und Spiritualität bezogen.

 

„Teilnehmer am Jugendkongress sind eine Vielzahl an sehr gut vernetzter, junger Christen und Muslime. Ich habe schon sehr interessante Muslime aus skandinavischen Ländern kennen lernen dürfen und bin sehr gespannt auf den Input der nächsten Tage!“

Bacem Dziri, Präsident des RAMSA, ist während der Planungsphase des Kirchentags Mitglied in der Projektleitung „Vielfalt der Religionen“ gewesen und hat die Mitwirkung muslimischer Studierender und Akademiker angeregt:

„Das Projekt Vielfalt der Religionen hat viele spannende Akteure aus der Zivilgesellschaft an einem Tisch zusammengebracht. Ich unterstütze die Teilnahme unserer Dialogabteilung am Kirchentag deshalb auch so sehr, weil dieser das direkte Kennenlernen einer Vielzahl unterschiedlichster Menschen möglich macht. Auch wir werden sehr viel lernen und mitnehmen und über das Gelernte und Erlebte staunen. Und wer weiß, vielleicht wird es eines Tages ein muslimisches interkulturelles Äquivalent zum Kirchentag geben, wo wir unsere heutigen Gastgeber auch sehr gerne einladen und begrüßen würden. Das wäre sehr schön.“

Weitere Muslimische Wissenschaftler und Akteure der Zivilgesellschaft

Mit Redebeiträgen werden u.a. Hamideh Mohagheghi, wissenschaftliche Mitarbeiterin für Islamische Theologie an der Universität Paderborn,  die Islamwissenschaftlerin Noha Abdel Hadi, der muslimische Religionsphilosoph Dr. Milad Karimi und der Religionspädagoge und RAMSA-Mitglied Moussa Diaw dem interkulturellen Dialog einen besonderen, wissenschaftlichen Flair verleihen. Dazu werden die bekannte Journalistin und Kolumnistin Kübra Gümüsay, mit Ayse Jilet und Riem Spielhaus auf einem Podium mit dem Titel „Was heißt hier deutsch?“ auf dem Kirchentag Fragen zur nationalen Identität im Einwanderungsland Deutschland erörtern.

Der Rat muslimischer Studierender & Akademiker spricht ein herzliches „ER vergelt’s“ aus. Besondere Erwähnung verdienen unsere tatkräftige logistische Unterstützung vor Ort, Sevgi Ünver, und der Religionspädagoge Dr. Ali Özgür Özdil vom Islamischen Wissenschafts-und Bildungsinstitut e.V.

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