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Die "kulinarische Kultur" von al-Andalus

18.09.2011

Einen Garten Eden gibt es nicht, außer in euren Häusern. Wenn ich zu wählen hätte, würde ich dort verweilen.
Glaubt doch nicht, dass euch morgen das ewige Feuer erwartet:
Man kommt nicht in die Hölle, nachdem man im Paradies gelebt hat.
(Abū Isḥāq Ibn Ḫafāğa)

Nicht nur Ibn Ḫafāğa verfällt ins Extreme, wenn er über al-Andalus dichtet. Eine Passage aus Ibn al-Ḫaṭībs aʻmāl al-aʻlām verdeutlicht die Emotionen, die das Land bei seinen Bewohnern und Besuchern hervorruft. „Al-Andalus, schwärmt ein Reisender, „musst du wissen, ist, verglichen mit den nordafrikanischen Gebieten, nur grünes Hügel- und Kulturland; alles andere scheint dagegen Wüste und, bald mehr, bald weniger, für Nomaden ein Naturland. Und wenn du annimmst, irgendein Land, auf das dein Blick sonst fällt, zeige die gleiche oder ähnliche Anmut, Schönheit, Lieblichkeit, gute Gewerbetechnik oder Agrikultur, so lass dir sagen: Du irrst in deiner Ansicht, und
die Kunde zeugt von keiner Kenntnis.“

Die Paradiesgärten in den Städten, Burgen und Privathäusern, zu denen ohne Zweifel das Ǧannat al-ʿĀrif (Generalife) in Granada zählt, bieten einen Einblick in die Lebensphilosophie der Mauren, die auf den inneren Frieden und die Erlangung einer neuen, in sich selbst ruhenden Dimension der Wirklichkeit durch Zurückgezogenheit, Stille und dem „Leben im Verborgenen“ ausgerichtet war.
„Wer nie der aufgehenden Morgenröte entgegen sah, den Duft der Blumen einsog, die samtene Haut der Liebsten fühlte, beim Klang der Musik den Alltag vergaß -der hat nie gelebt; sein Leben ist gleich dem eines Esels.“, lautet eine alte maurische Weisheit.
Al-Andalus ist ein hervorragendes Beispiel für die Zivilisierung der Sinnesfreude (/Esslust), wie der englische Soziologe Stephen Mennell das Entstehen einer Küchenkultur bezeichnete.

Im Zuge des Austauschs von Waren und Erfahrungen auf dem kulinarischen Gebiet mutierten die Kochtöpfe in al-Andalus wie vielerorts auch zu Schmelztiegeln der Kulturen. Das Zusammenspiel und die gegenseitige Befruchtung europäischer, arabischer und jüdischer Lebensgewohnheiten führten dazu, dass die Raffinesse der andalusischen Speisen in ganz Europa Berühmtheit erlangte
und kaum zu überbieten war.
Wichtige Impulse für die Entwicklung eines eigenständigen maurischen Lebensgefühls waren, neben den orientalischen Einflüssen, die über Persien in die gesamte islamische Welt gelangten, die der Griechen, Römer und Goten.
Auf das historisch bedingte, besondere Verhältnis von Juden und Muslimen sei dennoch hingewiesen. Der weitaus größte Teil der Juden lebte im islamischen Herrschaftsbereich1, und die daraus entstandene kulturelle Symbiose -sicherlich auch unter Mitwirkung der zahlreichen gemeinsamen kulinarischen Vorlieben und Speisevorschriften, die eine große Ähnlichkeit aufweisen- rechtfertigt es, von einer jüdisch-islamischen Tradition, ja sogar von einer Art Seelenverwandtschaft zu sprechen.

Es gibt nur wenige schriftliche Überlieferungen von Rezepten aus der Maurenzeit. Das kitāb aṭ-ṭabīḫ aus dem 13. Jahrhundert ist eine der wenigen authentischen Quellen zum Thema maurische Gastronomie. Die alles andere als leicht ausführbaren Rezepte sind wahrscheinlich für die Palastküche der ḫulafāʾ (Kalifen) und umarāʾ (Emire) aufgeschrieben worden.
Die Mauren, Juden wie Muslime, die nach 1492 die Iberische Halbinsel verließen, führten ihre Kochgewohnheiten im Exil fort, so dass viele Gerichte und Gewürze der heutigen mediterranen Küche auf sie zurückgehen.

Noch heute bewahren zahlreiche Begriffe im Spanischen die Erinnerung an Besonderheiten und kulinarische Genüsse, deren Bekanntheit in Europa den Mauren zu verdanken ist.
Erwähnt sei an dieser Stelle lediglich die Bezeichnung Karat, spanisch quilate, die sich aus dem Arabischen ableitet. Die harten Samen des Johannisbrotes, arabisch qīrāṭ, dienten, da sie fast immer exakt 0,18 Gramm wogen, als Gewichtseinheit für Edelsteine, Gewürze und andere kostbare Waren.2

Safran, Muskatnuss, Anis, Zimt, Ingwer, Gewürznelken, Pfeffer, Aprikosen, Johannisbrot, Zitrone, Reis, Granatäpfel, Pfirsiche, Mandeln, Orangen, Kastanien, Bananen, Melonen, Spargel und der Rohrzucker sind einige der Köstlichkeiten, die mit den Arabern aus dem östlichen Mittelmeerraum nach Spanien kamen. Al-Ḥimyārī, einem arabischen Historiker des 13. Jahrhunderts, zufolge, wuchsen damals in der Gegend von Granada so gut wie alle der erwähnten Nutzpflanzen.

Das Verständnis für die Esskultur der Mauren setzt die Kenntnis der Grundlagen der Diätregeln der jüdisch-arabischen Medizin voraus, da nicht nur aus purer Lust, sondern auch zur Prophylaxe gegen Krankheiten gespeist wurde. Die Mediziner der großen medizinischen Zentren Granada, Córdoba und Toledo erlangten als Leibärzte der Könige und Fürsten Ruhm und Ehre an den europäischen
und arabischen Höfen der damaligen Zeit.

Küchen, wie wir sie heute kennen, gab es in al-Andalus in so gut wie keinem Haushalt. Man bediente sich tragbaren Kohlebecken aus Eisen, über denen die Speisen gekocht wurden, oder ließ sie sich aus den sogenannten mesones nach Hause kommen. Im Spanischen bezeichnet das Wort mesón noch heute ein traditionelles Gasthaus.
Die maurischen Hausfrauen brachten die vorbereiteten Mahlzeiten in die Garküchen, in deren hornos, Öfen, die Speisen gekocht wurden. Obgleich bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, lässt sich an vielen andalusischen Straßennamen der Hinweis auf einen horno ablesen. In der Nähe dieser Garküchen, die -um keiner Geruchsbelästigung in den engen Wohnvierteln ausgesetzt zu sein- häufig in den Außenbezirken der Städte oder außerhalb der Stadtmauern angesiedelt waren, befanden sich die Betriebe, die Küchenutensilien herstellten und reparierten, von denen die wichtigsten die Töpfer, Kesselflicker, Messerschmiede, Messerhändler und die Mörserhersteller waren. Das spanische Wort für Mörser, almirez, geht auf das arabische al-mihrās zurück, das sich aus harasa, zermalmen/zerstoßen, ableitet.

Die großen gastronomischen Vorbilder zur Zeit des Kalifats lagen in den damaligen Zentren arabischer Kultur, Bagdad, Damaskus und Kairo.  Die Ähnlichkeit der maghrebinischen Küchentradition mit der maurischen ist zum einen auf die Route, auf der die Araber auf die Iberische Halbinsel kamen und auf ihre neue Heimat nach der Ausweisung und zum anderen auf den qur´ān und die aḥādīṯ zurückzuführen, die Auskunft über die Essgewohnheiten der Muslime geben. So heißt es in den Versen 172 und 173 der sūra al-baqara:
„Ihr Gläubigen, esst von den guten Dingen, die wir euch beschert haben! Und danket Gott, wenn (anders) ihr ihm (allein) dienet! Verboten hat er euch nur Fleisch von verendeten Tieren (w.Verendetes), Blut,  Schweinefleisch und Fleisch (w. Etwas), worüber beim Schlachten ein anderes Wesen als Gott angerufen worden ist. Aber wenn einer sich in einer Zwangslage befindet, ohne (von sich aus etwas Verbotenes) zu begehren oder eine Übertretung zu begehen, trifft ihn keine Schuld.
Gott ist barmherzig und bereit zu vergeben.“

Die Vorliebe der Mauren für Milchprodukte und Datteln geht auf die prophetische Zeit zurück. In der sūra an-naḥl heißt es in Vers 66: „Und ihr habt in den Herdentieren eine Grund zum Nachdenken: Wir geben euch von dem, was sie im Leib haben, (ein Zwischending) zwischen Mageninhalt und Blut zu trinken, reine Milch, ein mundendes Getränk (w. Für diejenigen, die (sie) trinken, leicht (und angenehm) zu schlucken.“
Von Abū Huraira (Ra) ist überliefert, dass der Gesandte (S) gesagt habe: „Welch herrliche Spende ist doch eine Kamelin und ein Schaf, die reichlich Milch geben -am Morgen eine Schale und am Abend eine zweite!“ und Anas Ibn Mālik berichtet, der Prophet (S) habe gesagt: „Ich wurde zum Lotusbaum im siebten Himmel geführt. Vier Flüsse sah ich dort -zwei diesseitige und zwei jenseitige. Die beiden ersteren waren der Nil und der Euphrat, und die beiden anderen waren die Flüsse des Paradieses. Drei Trinkschalen wurden mir gereicht. Die eine enthielt Milch, die andere Honig und die dritte Wein. Ich griff nach der Milch und trank. Da wurde zu mir gesagt: »Du und deine Gemeinde haben den rechten Weg eingeschlagen.«“
In al-Andalus bevorzugte man die Ziegenmilch, da sie, im Unterschied zu Kuh- oder Schafsmilch, einen geringeren Fettgehalt aufwies. Durch Zugabe von gerinnungsfördernden Pflanzen bzw. Extrakten wurde die Milch für den Genuss verfestigt, wobei die bekanntesten koagulierenden Mittel aus der Kaper bzw. einer Pflanzen stammten, die heute noch den Namen cuajaleche (galium verum) trägt. Auf Zitronensaft und Essig wurde für die Koagulation ebenfalls zurückgegriffen.
Eine Nachspeise namens leche cuajada, die ihrer maurischen Herkunft entsprechend mit Honig serviert wird, existiert heute noch vielerorts in Spanien.
Die „saure Molke“, die u.a. mit Zitrone und Zimt gewürzt, kalt als Erfrischungsgetränk aufgetischt oder zu Zuckergebäck verarbeitet wurde, gehörte zu den maurisch-andalusischen Spezialitäten. Die nach der Abtrennung der Molke verbliebene Butter kam beim Backen und Kochen zum Einsatz. Begehrt waren des Weiteren die saure Milch, Sauerrahm, Quark und eine Art Yoghurt, da sie wesentlich länger als Milch hielten. Das beliebteste Milchprodukt in al-Andalus, eine Art Frischkäse namens requesón, den man entweder süß, mit Honig, Anis und Rosenwasser gewürzt, oder salzig mit eingelegten Oliven oder Kapern aß und den man in zahlreichen Varianten backen oder als Auflauf servieren konnte, ist heute noch die Grundlage vieler Rezepte dieser Art.
Darüber, ob es in al-Andalus gereiften Käse, wie er uns heute bekannt ist, gab, geben die Quellen keinen Aufschluss.

Datteln spielten in der maurischen Küche eine große Rolle und wurden nicht nur im Zusammenhang mit Süßigkeiten, sondern häufig auch im Zusammenhang mit Fleisch verwendet. Die Lamm- und Hühnchenschmortöpfe, die es unter dem Namen ṭāǧin noch immer in der maghrebinischen Küche gibt, beinhalteten neben dem Fleisch auch Ingwer, Pfeffer, frischen Koriander, Safran, Zimt und Datteln. Dazu aß man Brot oder kuskus, ein im orientalischen Raum noch immer sehr beliebtes Gericht.
Die mit einer Art Marzipan, dem Orangenblütenwasser zugesetzt ist, gefüllten Datteln sind bis heute eine beliebte Nachspeise in der arabischen Welt. Ebenfalls beliebt bei den Mauren war das Dattelbrot mit Pinienkernen, Pistazien und Walnüssen und die in heißem Olivenöl angebratenen, mit geriebenen Mandeln oder Pistazien bestreuten frischen Datteln.
Die Begeisterung der Araber in der Wüste für eine handvoll Datteln galt, auf al-Andalus projiziert, frischen oder getrockneten Feigen. So weiß Abū Isḥāq Ibn Ḫafāğa von ihnen zu schwärmen:
„Es neigt der Feigenbaum die schweren Zweige-Fast hätte sie der Früchte Last gebrochen-
Doch endlich wird die überreife Feige
Vom Glanz der Morgenröte aufgestochen.
Dann tropft der Honig aus der reifen Wunde
In dünnen Fäden, sonnengoldumsäumt,
So wie der süße Speichel aus dem Munde
Der Vielgeliebten träufelt, wenn sie träumt.“

Als Nachtisch par excellence in al-Andalus, fanden Feigen in Kompotten, als Mus oder in getrockneter Form in verschiedenen Rezepten Verwendung. Feigenmus mit Nüssen, ein klassisches maurisches Rezept, enthielt zusätzlich Pinienkerne, Walnüsse oder Mandeln, Zitrone, Anis, Sesam, Olivenöl, Zucker, Wasser und feingemahlenen Mastix. Ein insbesondere bei toledanischen Juden beliebtes sephardisches Mus enthielt neben getrockneten Feigen auch Rosinen, Zitronensaft, gemahlene Mandeln, Zucker und saure Äpfel.
Das Feigenbrot, pan de hígos, das heute vornehmlich ist Ostandalusien verbreitet ist, leitet sich von dem alten maurischen Feigenmus ab.

Die Vorliebe für Süßes teilte auch der Prophet. So berichtet ʿĀʾiša (Ra): „Der Gesandte Gottes (S) hat in der Regel die Süßigkeiten und den Bienenhonig gern gegessen.“ (Buḫāryy, Nr.: 5431)
Neben Honig, Feigen und Datteln bediente man sich zum Süßen dem Zucker. Das Zuckerrohr stammt aus Indien oder China, der Prozess der Zuckerproduktion durch Raffinieren mit Pottasche aber stammt aus Persien, wo ihn die Muslime im ausgehenden 7. Jahrhundert erfanden. Unter Zuhilfenahme von geschickt angelegten Bewässerungssystemen3 entstanden überall, wo die Araber im Laufe der geographischen Expansion hinkamen, große Zuckerrohrplantagen, so auch in al-Andalus. Besonders erwähnenswert sind die großen Zuckerrohrfelder an der Mittelmeerküste bei Motril, im Mündungsgebiet des Guadalfeo und in der Vega von Granada, die noch im 19.Jahrhundert den Wohlstand der Provinz Granada sicherten. Von den Zentren maurischer Zuckerproduktion um die Hafenstädte Málaga und Valencia wurde der Zucker auch in größeren Mengen nach Nordeuropa exportiert. Bis zum Fall Granadas waren andalusische Süßigkeiten weit über die Grenzen des muslimischen Spanien berühmt und galten bei den Konditoren als besonders hochwertig. Das Wort Zucker hat in fast allen europäischen Sprachen seine Wurzeln im arabischen sukkar.

Süß-saure Speisen, die zwei Favoriten des maurischen Geschmacks, Honig und Essig, verbanden, waren bei Juden und Muslimen gleichermaßen beliebt. Um dem agridulce (Süßsaure) gerecht zu werden, wurden viele Rezeptvariationen geschaffen. Der Honig wurde bald durch den Zucker ersetzt, der Essig durch Zitronensaft, dem Most unreifer Weintrauben oder den Säften anderer saurer Früchte wie Granatäpfel, Quitten oder grüner Äpfel. Eine saure Spezialität, der Alant, fand insbesondere in Marinaden für Fleisch Verwendung und wächst noch heute als Strauch in Vorderasien.
Die escabeche, eine süßsaure Marinade maurischen Ursprungs, in die man beispielsweise Muscheln, Perlhühner und Fisch einlegt, ist bis zum heutigen Tage in Andalusien erhalten geblieben.

Die Wertschätzung des Gastmahls ist schon den Arabern zu vorislamischer Zeit bekannt und findet in zahlreichen aḥādīṯ Erwähnung. So ist von Abū Huraira (Ra) überliefert, dass der Gesandte (S) gesagt habe: „Wenn jemand von euch zum Essen eingeladen wird, dann soll er zusagen. Wenn er gerade fastet, dann soll er beten, und wenn er nicht fastet, dann soll er essen.“ (Muslim, Nr.: 1431)
Ein Blick auf die gut besuchten Cafés, Bars, Tavernen und Restaurants Andalusiens verrät, dass die zentrale Rolle, die das Essen und Trinken im sozialen Leben der Mauren spielte, heute noch fest im andalusischen Lebensgefühl verankert ist.

Die Kenntnis von den Speisen galt im islamisch-maurischen Verständnis bereits als Esskultur. Schon in frühislamischer Zeit pflegte der Prophet sich vor dem Essen genau über die Zusammensetzung des Mahles informieren zu lassen -was in der gehobenen Gastronomie eine Selbstverständlichkeit sein sollte, da Genuss und Verständnis untrennbar sind.

Bekannt sind aḥādīṯ, die verdeutlichen, dass der Prophet respekt- und verständnisvoll im Umgang mit seinen Mitmenschen agierte und kein Essen tadelte.
Ibn ʿAbbās berichtet: „Ḫālid Ibn al-Walīd, der »Schwert Gottes« genannt wird, erzählte, er sei einmal mit dem Gesandten Gottes (S) zu Maimūna gegangen, die seine und meine Tante mütterlicherseits ist. Und Maimūna hatte gerade eine gebackene Eidechse im Haus, die ihre Schwester Ḥufaida Bint al-Ḥariṯ aus dem Nağd mitgebracht hatte. Diese Eidechse servierte sie dem Gesandten Gottes (S).
Der Prophet (S) rührte im allgemeinen keine Speise an, bevor man ihm sagte, um was es sich handelt. An diesem Tag aber griff er nach dem Essen, ohne zu wissen, was es ist. Da sagte eine der Frauen: »Sagt doch dem Gesandten Gottes, was das ist! O Gesandter Gottes (S), es ist Eidechse.« Da zog er seine Hand zurück. Ḫālid Ibn al-Walīd fragte: »O Gesandter Gottes, ist der Genuss von Eidechsenfleisch verboten?« - »Nein«, erwiderte er, »aber dieses Tier kommt im Land meines Volkes nicht vor. Aus diesem Grund möchte ich es nicht essen!« Ḫālid Ibn al-Walīd ergänzte zu seinem Bericht: »Ich zerlegte die Eidechse und aß sie. Der Gesandte Gottes (S) schaute mir dabei zu.«“

Abū Huraira (Ra) berichtete: „ Allāhs Gesandter (S) setzte niemals an einem Essen etwas aus; wenn er Verlangen danach hatte, aß er es, andernfalls aber ließ er es stehen. (Buḫāryy, Nr.: 5409; Muslim, Nr.: 2064; Abū Dāwūd, Nr.: 3763; Tirmiḏī, Nr.: 2031; Ibn Māğa, Nr.: 3259)

Die Aversion gegen Prasserei, die nicht der maurischen Lebensphilosophie entsprach, ist zahlreichen aḥādīṯ zu entnehmen, in denen der Prophet die Muslime zum Maßhalten anspornt. So ist von Abū Huraira (Ra) überliefert, der berichtete: „Allāhs Gesandter (S) sagte: »Das Essen für zwei Personen ist ausreichend für drei, und das Essen für drei Personen ist ausreichend für vier.«” (Buḫāryy, Nr.: 5392; Muslim, Nr.: 2058 und 2059; Tirmiḏī, Nr.: 1820; Muwaṭṭaʾ, Nr.: 1452)

Die heutige Vorliebe der spanischen Küche für Knoblauch und Zwiebeln -in rohem Zustand- ist stark von den Sephardim beeinflusst. Die Christen achteten diesbezüglich eher auf den Geruch als auf den Geschmack und die Mauren standen diesen -in ungegartem Zustand- ebenfalls ablehnend gegenüber. Aussprüche des Propheten aus frühislamischer Zeit zeugen von dieser Haltung, die die Glaubensbrüder (indirekt) dazu aufforderte, für das Gemeinwohl auf die Geruchsbelästigung zu verzichten.
So berichtet ʿAbd al-ʿAzīz: „Zu Anas wurde gesagt: »Was hast du von dem Propheten (S) über den Knoblauch gehört?« Und er erwiderte: »Wer davon gegessen hat, der soll sich unserer Moschee nicht nähern!«“ (Buḫāryy, Nr.: 5451)
Ǧābir Ibn ʿAbd Allāh (Ra) berichtete, dass der Prophet (S) sagte: „Wer Knoblauch oder Zwiebeln gegessen hat, der soll sich von uns und unserer Moschee fernhalten!“ (Buḫāryy, Nr.: 5452)

Eine der wenigen kulinarischen Ausnahmen, die rohen Knoblauch fordert, ist der ursprünglich mozarabische Ajoblanco, eine Kaltschale aus Mandelmilch, rohem Knoblauch, Essig, Öl, Salz und gelegentlich ein paar geschälten und entkernten weißen Trauben.

Honigzwiebeln, eine kleine Besonderheit maurischer Kochkunst, wurden besonders gerne zu Geflügel serviert. Hierzu kochte man kleine, junge Zwiebeln in einer pikanten Gewürzmischung mit Safran unter Zugabe von Honig so weit ein, bis die Zwiebeln einen goldbraunen Überzug hatten.

„Scharfe Grünkräuter“ wie Zwiebeln, Porree, Kreuzkümmel und Koriander, für die Inquisitoren neben dem Knoblauch weitere „Symbole“ des jüdisch-muslimischen Kulturkreises, fielen der Inquisición anheim und verschwanden für Jahrhunderte aus der spanischen Küche. Der Beliebtheit des Knoblauchs bei alteingesessenen Christen ist sein Überleben im katholischen Spanien zu verdanken.
Der Asant, heute meist unter dem Namen Asa foetida bekannt, verlieh insbesondere Gemüse eine ganz besondere Würznote und Raffinesse, die den Eigengeschmack betonte. Die Kombination des Asant mit Pilzen, aber auch mit Kreuzkümmel, war in der andalusischen Küche sehr beliebt. Vornehmlich als Medizinalpflanze in Gebrauch, war der alcaravea (Kreuzkümmel) das Gewürz par excellence in al-Andalus und wurde vielen Speisen zugefügt, einschließlich Süß- und Milchspeisen. Wie der Koriander und der Kreuzkümmel auch, hat sich der Asant in der europäischen Küche nicht etablieren können.

Viele kalte Gerichte wie Pasteten, Gallerte, Aspike und Mousses, die noch heute Bestandteil der spanischen und europäischen Küche sind, wurden von den Sepharden entwickelt.
Das klassische Sabbat-Gericht der Sephardim war die adafina, ein Schmorgericht aus Lammfleisch oder Zicklein, Olivenöl, kleingeschnittenen Zwiebeln, Knoblauch, Salz und aromatischen Kräutern wie Thymian, Lorbeer, Majoran und Safran.
Die adafina der reichen Juden enthielt außerdem Kichererbsen, Nudeln, harte Eier, Kalbfleisch, Hühnchen und gelegentlich sogar Dörrobst in Form von Pflaumen.
Conversos, die ihre christlichen Nachbarn von der Aufrichtigkeit ihrer Konversion überzeugen wollten, bereiteten ihre adafina gelegentlich mit Schweinefleisch, Schweinefett und morcilla, einer gewürzten Blutwurst, zu. Im christlichen Spanien setzte sich schließlich dieses Gericht als cocido durch und wird noch immer wie die adafina serviert und gegessen. Im ersten Gang nimmt man die Flüssigkeit wie eine Suppe zu sich, es folgen mitgekochte Kichererbsen sowie Gemüse und abschließend wird das Fleisch als Hauptgang serviert. Zum jüdischen Neujahrsfest, Rosh-ha-Shana, das in den September fällt, nahm man in Al-Andalus die ersten Früchte der neuen Saison zu sich, meist Weintrauben oder Feigen. Scharfe oder salzige Gerichte vermied man und aß stattdessen eine besondere Art von Weißbrot mit Honig, was die Süße des kommenden Jahres symbolisieren sollte. Dem Familienoberhaupt servierte man den Kopf eines Fisches, was möglicherweise auf das Hebräische zurückzuführen ist, in dem für die Begriffe Kopf und Anfang das Wort Rosh steht.
Am Vorabend des Jom-Kippur, dem Versöhnungstag, aß man eine Suppe mit fleischhaltigen Raviolis.
Zu Purim, der Fastnacht im Februar, fertigten die Konditoren ein besonderes, mit Konfitüre gefülltes und in Olivenöl kross gebratenes Backwerk an, zu dem viel Wein gereicht wurde. Die heutigen Fastnachtskrapfen sind demnach vielleicht sephardischen Ursprungs.
Mazot (Mazze), ein sehr dünnes, recht fades, ungesäuertes Brot, das an den Auszug aus Ägypten erinnern soll, gab es zu Passah, dem jüdischen Osten.

Die ägyptischen Juden hatten bestimmte Nahrungsmittel für sich entdeckt, die sie später in alle Welt
tragen sollten, so zum Beispiel das lockere Brot aus Sauerteig oder das Lauchgemüse.

In allen Städten und Dörfern in al-Andalus, in denen Juden wohnten, gab es besondere Schlachthöfe für koscheres Fleisch und auch die anderen Speisevorschriften wurden in Sepharad strikt beachtet.
Hühnchen genoss sowohl bei den Juden als auch bei den Muslimen Beliebtheit. Neben dem Hühnerfleisch spielten aber auch die Eier in der maurisch-jüdischen Küche eine Rolle. Sie wurden in Salzlake eingelegt, oder im Sud von Zwiebelschalen oder gelbem Kurkuma gefärbt.

Das an der Wende zum 9. Jahrhundert zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer entstandene Reich der Khasaren, ein zum Judentum konvertiertes Turkvolk, nahm nachhaltigen Einfluss auf die europäische Gastronomie, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte und stellte einen Brückenpfeiler zwischen Ostasien und dem westlichen Europa dar.
Die Sephardim pflegten engen Kontakt zu den Khasaren und über die persisch-jüdische Handelsgesellschaft der Rahdaniten gelangten viele Waren aus dem fernen Orient auch nach al-Andalus. Lange vor Marco Polo hatten die Rahdaniten, unter denen viele Andalusier waren, China bereist und bis dahin unbekannte Tücher, Kosmetika, Früchte, Gemüse und Gewürze mitgebracht.
Besonders begeistert aufgenommen wurden die chinesischen Teigwaren, die bald als Rund- oder Taschennudeln (heutige Spaghetti und Ravioli) eine begehrte Speise auf festlich gedeckten Tafeln der andalusischen Juden und Muslime wurde.
Das von den Chinesen entwickelte komplizierte handwerkliche Verfahren bei der Nudelherstellung machte die Teigwaren so teuer, dass sie lediglich der maurischen Oberschicht und den reichen jüdischen Kaufleuten vorbehalten waren. Die heutigen spanischen fideos gehen auf fidaws zurück, einen Begriff, unter dem die Mauren die verschiedenen Nudelarten zusammenfassten. Durch die spanisch-jüdische Küche in das Repertoire europäischer Köche ist neben den Nudeln auch die Kombination von Zitrone und Fisch gelangt, die die Sephardim ihrerseits von den Ägyptern übernommen haben. Das Panieren von Fisch und Fleisch -aller Wahrscheinlichkeit nach in Anlehnung an die Byzantiner- geht ebenfalls auf die Sephardim zurück.

Aus den zartblütigen und betörend duftenden rosa centifolia wurden die kandierten Rosenblüten und der Rosensirup hergestellt, eine kulinarische Besonderheit und Köstlichkeit, auf deren Verfügbarkeit in jüdischen und muslimischen Haushalten Acht gegeben wurde. Den Rosensirup füllte man in kleine, helle Fläschchen, um die tiefrote Farbe bewundern zu können. Mit kaltem Wasser verdünnt und mit ein paar Spritzern Zitrone angesäuerter Rosensirup galt an heißen Sommertagen als besonders köstliches Erfrischungsgetränk. Im Winter bevorzugte man den Sirup in heißem Früchte- oder Minztee.
Die sehr schwere Herstellung der kandierten Rosenblüten, die eine der schönsten und raffiniertesten Süßigkeiten der Welt sind, war schon immer die Domäne erfahrener Konditormeister. Mit dem Rückgang der Wertschätzung dieser Delikatesse werden auch die sie herstellenden Künstler immer seltener.

Die Minze, das „gute Kraut“ (hierba buena), wie sie in Spanien genannt wird, war als Küchen bzw.Medizinalpflanze von besonderer Bedeutung. Im maurischen Andalusien kam kein Garten ohne eine Ecke mit einigen Minzstauden aus. Unter vielen verschiedenen Sorten war die beliebteste die besonders aromatische menta satira. Die Minze wurde vorwiegend im Zusammenhang mit Fleisch verwendet, diente aber auch zur Aromatisierung von sehr süßem Tee, wie es noch heute in orientalischen Ländern üblich ist. Kühler Pfefferminztee mit Maulbeer- oder Brombeersaft und Rosenwasser versetzt galt als besonders erfrischendes Sommergetränk und auch der Granatapfelsaft wurde mit einigen Blättern Minze veredelt.
Pfefferminzöl war bei der Herstellung von Duftstoffen sehr beliebt, ebenso viel lag den Mauren an der Pfefferminzpaste, die aus kleingehackter, frischer Minze, Zucker und Rosenwasser bestand.

Die Mandel, ob als Marzipan in vielen Süßspeisen oder salzig in den berühmten „weißen Speisen“ der Mauren, hat den Charakter der jüdisch-muslimischen Küche von al-Andalus mit geprägt.
Insbesondere im Süden Spaniens haben sich bis zum heutigen Tage viele dieser andalusischen Spezialitäten erhalten.
Neben Lammspeisen und Hühnergerichten, zu deren Verfeinerung Mandeln benutzt wurden, gab es die Mandelsuppe, die aus pürierten Mandeln, Milch, Rosenwasser, Salz, Paprika, einigen gerösteten Blättern des Mandelbaumes oder gerösteten Mandelsplittern bestand. Weitere Nüsse, die allerdings eine untergeordnete Bedeutung in der andalusischen Küche besaßen, waren Hasel- und Walnüsse, Pinienkerne und Esskastanien.

Das Obst galt für Juden und Muslime, anders als in der modernen europäischen Küche, in der das Obst immer mehr in den Bereich des süßen Nachtischs verdrängt wurde, als integraler Bestandteil fast aller Speisen. Quitten, Maulbeeren, die Azarolmispel, eine auch Mehlbeere genannte, der Hagebutte ähnelnde, pflaumengroße Frucht des Rotdorns, der Rosenapfel, früher als „welsche Hagebutte“ oder „rote Brustbeere“ bekannt, die Sperbe, Aprikosen, Pflaumen und Kirschen, Äpfel, Bananen, Apfelsinen, Limonen und Zedratfrüchte, die Pomeranze, Bergamotte und die Mispel sind einige Beispiele für Obstsorten, die in der Küche Andalusiens eine Rolle spielten.

In vielen Lebensgewohnheiten, Speisen, Gewürzen, Parfums, Deodorants und Rasierwässern ist die maurisch-arabisch-jüdische Vergangenheit und ihr Erbe deutlich spürbar. Von Ibn Ǧubair al-Kinānī, einem gebürtigen Valenzianer, der Mitte des 12. Jahrhunderts in den Dienst des Gouverneurs der Stadt Granada, mit dem er gut befreundet war, trat, ist uns eines der bedeutendsten Werke der Reiseliteratur überliefert.
Der Gouverneur lud Ibn Ǧubair eines Tages zum Weingelage ein. Dieser jedoch war sehr gläubig und nahm, wie die al-muwaḥḥidūn (Almohaden), die einen orthodoxen Islam huldigten, das Alkoholverbot des qur´ān besonders ernst. Vom Alkohol benebelt und nicht wissend, was er tat, soll er sieben Becher Wein geleert haben und am nächsten Morgen bei vollem Bewusstsein von furchtbaren Gewissensbissen geplagt worden sein. Der Gouverneur, der davon erfuhr, ließ die sieben Becher, die Ibn Ǧubair geleert hatte, mit Gold füllen und ihm zukommen. In diesem plötzlichen Wohlstand sah Ibn Ǧubair ein deutliches Zeichen Allāhs, woraufhin er die Pilgerfahrt
von Granada nach Mekka antrat, um seine Sünden zu büßen. Über zwei Jahre war er unterwegs und beschrieb die kulinarischen Genüsse, die er in Mekka sah und erfuhr. Da die Benennung von Dingen die Kenntnis dieser voraussetzt, geben seine Schilderungen auch Aufschluss über die Essgewohnheiten der Mauren von al-Andalus. So schrieb er: „Bezüglich der Nahrungsmittel, Früchte und anderer guter Dinge hatten wir angenommen, dass Spanien vor allen anderen Regionen besonders begünstigt sei. So war es bis zu dem Augenblick, als wir hierher kamen und Mekka überfüllt fanden von guten Sachen und Früchten wie Feigen, Trauben, Granatäpfeln, Quitten, Pfirsichen, Zitronen, Walnüssen, Früchten des muql-Baumes, Palmfrüchten, Melonen, Gurken sowie allen Gemüsesorten wie Eierfrüchten, Kürbissen, Rüben, Möhren, Kohl und anderen aromatischen, süß riechenden Pflanzen. Die meisten dieser Gemüsesorten wie Eierfrüchte, Gurken und Melonen sind das ganze Jahr hindurch zu bekommen. Das sind unsere bemerkenswerten Beobachtungen.“ Seine Beschreibung des Aromas der Melonen in Mekka, des Wohlgeschmacks verschiedener Milchsorten. Mandeln, des Zuckerrohrs, der Rosinen und Datteln lässt keinen Zweifel daran, dass Ibn Ǧubair -mit heutigen Worten- ein ausgesprochener Gourmet war.

Mit dem Einmarsch der Berber und Araber kam die Aubergine, arabisch bāḏinğān, auf die Iberische Halbinsel und fand von hier aus im übrigen Europa Verbreitung. Ihr Name ist ein klassisches Beispiel für eine arabische Wortschöpfung, die in vielen europäischen Sprachen, so auch im Spanischen, Fuß gefasst hat. Die Bedeutung der Aubergine in der maurischen Küche kann kaum überschätzt werden. So hat man in der Kulturgeschichte der Küche die Jahrhunderte der Blüte von al-Andalus gelegentlich „das Zeitalter der Aubergine“ genannt. Isfirija de berenjenas, mirkas, tortillas de berenjenas, der Auberginenkaviar und die Essigauberginen sind nur einige der vielen Rezepte aus der maurisch-jüdischen Küche.
Direkt nach der Aubergine kamen die ḥimmaṣ, Kichererbsen, auf die kulinarische Favoritenliste von Al-Andalus und auch die Linsen, die man mit Zitronensaft ansäuerte und deren klassische Gewürze neben Zwiebeln vornehmlich der Kreuzkümmel und die Tamarinde waren, erlebten zu maurischer Zeit eine kulinarische Blüte. Von bedeutender Rolle in der andalusischen Küche waren des Weiteren die Saubohnen, die als Beilage oft in Form eines Pürees serviert wurden. Ursprünglich sephardisch, eroberte die Suppe von jungen Saubohnen und Hähnchenleber bald auch die Küchen der muslimischen Andalusier. Neben Saubohnen und der Leber waren vor allem Sellerie, geriebenes Brot, Butter, Hühnerbrühe, Minze, Kreuzkümmel, frischer und getrockneter Koriander, schwarzer Pfeffer und Salz Zutaten dieser berühmten andalusischen Suppe. Artischocken, arabisch ḫuršūf, Pl. ḫarāšīf, und Karden (cardo), das wilde Gegenstück dazu, waren sehr beliebt in al-Andalus und wurden als Gemüse zu Fleisch oder auch als Hauptgericht gegessen. Der maurische Spinat, arabisch isfānāğ, spanisch espinaca, war der Mangold, der noch heute in Andalusien ein Nationalgericht ist und in den Bergen südlich Granadas, dem letzten Refugium der Mauren, Las Alpujarras, seit Jahrhunderten unentbehrliche Zutat von Suppen und Eintöpfen ist,
wovon auch der spanische Name acelga zeugt, der vom arabischen as-silq abgeleitet ist.
Beliebt war auch der wilde Sauerampfer, der zu Suppen, erfrischenden Getränken oder Pasteten verarbeitet wurde.

Den Kürbis brachten entweder die al-murābiṭūn (Almoraviden) oder die al-muwaḥḥidūn (Almohaden) nach al-Andalus. Ihr Fruchtfleisch war Grundlage der andalusischen Kürbissuppe und die in Öl gebratenen Blüten galten als delikate Beilage. Eine Kürbisnachspeise, die aus Kürbisfleisch, einer kleinen Menge Sultaninen, Mehl, Zucker, Butter, Milch, Zitronenschale, Muskatnuss, Zimt und Pfeffer besteht, existiert heute noch.

Ebenfalls von den Berbern importiert ist der grüne Blattsalat. Auch Gurken -mit geronnener Milch, Kümmel und Pfeffer abgeschmeckt als Beilage gereicht oder gekühlt und leicht gesalzen als Gurkensaft in der sommerlichen Hitze- waren in al-Andalus beliebt, ebenso Fenchel und dunkelgrüner, wilder sowie der etwas hellere Spargel. Brennnesseln, Rhabarber, Rüben und Karotten wurden in andalusischen Küchen oft verwendet.
Granada, der Granatapfel, war für Juden und Muslime ein Zeichen der Regeneration und der Fruchtbarkeit. Er fand in der Zubereitung von Süßspeisen, aber auch in vielen Fleisch- und Geflügelgerichten Verwendung. Von dem „Hähnchen in Granatapfelsaft“ schwärmten noch die christlichen Bewohner der Stadt Granada. In den ersten Sommermonaten wurde der durch Auspressen der Frucht gewonnene weinrote Saft des Granatapfels durch Zugabe kleiner Mengen Zitronensaft angesäuert und mit dem nachts herbeigeschafften Eis der Sierra Nevada auch eisgekühlt serviert.

Neben der Muskatnuss und der Macis, dem Samenmantel, der die eigentliche Muskatnuss und deren Schale umgibt, gehörten auch die Gewürznelken, für die man einen zwei- bis dreimal höheren Preis zahlte als für schwarzen Pfeffer, zu den begehrtesten Spezereien in al-Andalus. Weitere Exportgüter, die den Weg aus dem Morgenland in großen Mengen nach al-Andalus fanden, waren Ingwer, Zimt und Kardamon.

Der Safran, al-za'farān, spanisch azafrán, war ein weiterer, wichtiger Bestandteil des andalusischen Gewürzgartens und verfeinerte Geflügel- und Reisgerichte, wovon das appetitliche Gelb der spanischen paella heute noch zeugt. Im Gegensatz zum teuren Safran gab es Anis in Hülle und Fülle. Er fand bevorzugt Verwendung in süßem Gebäck und Broten, wobei die Kombination von Anis und Zimt besonders beliebt in der andalusischen Backküche war.

Ebenfalls integraler Bestandteil der maurisch-andalusischen Küche war der Sesam, der importiert werden musste und der Verfeinerung von süßem Gebäck und Broten diente. Das Sesamöl fand nicht nur in der Küche, sondern auch im medizinischen Bereich vielfach Verwendung.

Eine heute noch in Indien existierende Gewürzmischung namens Garam Masala, die aus je einem Löffel Kardamon, Stangenzimt, schwarzem Pfeffer, Kreuzkümmel, Nelken und einem kleinen Stückchen Muskatnuss besteht, wurde in al-Andalus immer frisch hergestellt, d.h. im Mörser fein verrieben, und hauptsächlich für Fleischgerichte verwendet. Sie verfeinerte zartes, junges Lamm, gelegentlich aber auch Gemüsebeilagen.

Die Blattpetersilie, die zusammen mit dem Olivenöl noch heute Markenzeichen der andalusischen Küche ist, stammt von den Mauren und ist eine weniger aromatische Variante des frischen Korianders. Das Olivenöl und seine Kultur in Spanien haben die Araber von den Westgoten übernommen, die ihrerseits vorfanden, was die Römer bereits zu höchster Perfektion gebracht hatten. Das spanische Wort für Öl, aceite, ist vom arabischen az-zayt abgeleitet, ebenso das Wort für die Ölpresse, almiʿṣara. In der jüdisch-maurischen Küche waren das Olivenöl und der wenig geschmackvolle Lammschmalz die einzigen Fette, mit denen gekocht wurde. Nach 1492 kam es zunächst zu einer raschen Verwahrlosung der Olivenhaine, da die Inquisitoren im Olivenöl einen Repräsentanten der verhassten maurisch-jüdischen Kultur sahen. Jedoch besann man sich schnell darauf, dass das Neue Testament ebenfalls voller Lobeshymnen an die Olive und den Olivenbaum war. Die Vorliebe für Schweineschmalz hat sich allerdings in Kastilien bis heute erhalten.
Neben der Verwendung im kulinarischen Bereich kam das Olivenöl auch im medizinischen bzw.kosmetischen Bereich zum Einsatz, wo es erwärmt und zur Salbung benutzt wurde. Das Olivenöl -wie das Sesamöl- diente als Grundlage für eine besondere Vorliebe der Mauren, die parfümierten Öle, in denen beispielsweise Rosenblätter, Orangenblüten Myrrhe, Rosmarin und Jasmin mazeriert wurden.

Die nordeuropäischen Länder pflegten im Hochmittelalter bereits intensiven Kontakt zur Kultur des vorderen und mittleren Orients und die von den Kreuzrittern auf orientalischen Märkten erstandenen Kräuter und Gewürze weckten das Interesse der Nordeuropäer so sehr, dass der Handel mit diesen Produkten ein wichtiger  Wirtschaftsfaktor wurde. Al-Andalus fungierte hierbei nicht nur als bedeutsamer Vermittler, sondern wurde zum gefragten Exporteur insbesondere von Trockenfrüchten und -gemüsen. Im Gegenzug kam der -meist gesalzene- Kabeljau auf die Iberische Halbinsel und noch heute ist der bacalao ein Charakteristikum der nationalen Küche.

Zu den andalusischen Favoriten zählt des Weiteren die seit den Phöniziern, Griechen und Römern im Mittelmeerraum beliebte salzige Fischsauce oder -paste namens garum. Unter den Mauren war das garum, dessen Zubereitungsart sich im Laufe der maurischen Küchengeschichte veränderte, als almori oder murri bekannt. Makrelen und aalartige Raubfische namens Murränen, aber auch der wesentlich teurere und entsprechend geschätzte Thunfisch oder Stör wurden zur Herstellung dieser Fischpaste verwendet.

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1 Vgl. Kapitel „Juden im muslimischen Spanien“

2 Die Liste einer kleinen Auswahl an Küchenwörtern arabischen Ursprungs -Bezeichnungen für Speisen, Maße sowie
Gewichts- und Mengenangaben- ist im Kapitel „Maurisches Erbe“ zu finden.

3 Bewässerungsgraben (arabisch Sg. as-sāqiya), die unter Ausnutzung von Höhenunterschieden die Felder
durchkreuzen, heißen heute noch in Spanien acequias.

Literatur
Hilgard, Peter: Der maurische Traum. Dimensionen der Sinnlichkeit in al-Andalus, Kassel 2002
Hoenerbach, Wilhelm: Islamische Geschichte Spaniens. Übersetzung der aʻmāl al-aʻlām und
ergänzender Texte, Zürich 1970
Muñoz Molina, Antonio: Stadt der Kalifen: Historische Streifzüge durch Córdoba, Reinbek 2007
Übersetzungen
Bubbenheim, ʻAbdullāh Aṣ-Ṣāmit Frank (Übersetzer): Die Gärten der Tugendhaften, Köln 2009
Ferchl, Dieter (Übersetzer): Ṣaḥīḥ al-Buḫārī. Nachrichten von Taten und Aussprüchen des
Propheten Muhammad, Stuttgart 1991
Paret, Rudi (Übersetzer): Der Koran, Stuttgart 2007
Rassoul, Muhammad (Übersetzer): Auszüge aus dem Ṣaḥīḥ al-Buḫāryy Leverkusen 1996
Anmerkung

In der Umschrift arabischer Wörter und Namen wurde das allgemein gebräuchliche System benutzt.
Brockelmann, Carl: Die Transliteration der arabischen Schrift in ihrer Anwendung auf die
Hauptliteratursprachen der islamischen Welt. Denkschrift, dem 19. internationalen
Orientalistenkongreß in Rom vorgelegt von der Transkriptionskommission der DMG (Deutsche
Morgenländische Gesellschaft) /von Brockelmann, Carl; Fischer, August; Heffening, W.; Taeschner,
Franz mit Beiträgen von Ph. S. van Ronkel und Otto Spies. DMG in Kommission bei F.A.
Brockhaus: Leipzig 1935
http://www.aai.uni-hamburg.de/voror/Material/dmg.pdf